Die Verhaltensbiologie (Ethologie) ist eine Disziplin der Biologie, die mit wissenschaftlichen Methoden das Verhalten von Tieren und Menschen untersucht. Die Relevanz der Verhaltensforschung begründet sich unter anderem in einem besseren Verständnis von Evolution und der funktionalen Integration von Organismen, sowie dem Erwerb von Grundlagenwissen für fundierten Artenschutz.
Als Verhalten ist all das definiert, das der intern koordinierten Kontrolle von Bewegungen oder Signalen dient, mit denen ein intakter Organismus mit Artgenossen oder anderen Bestandteilen seiner belebten und unbelebten Umwelt interagiert. Dabei geht es darum, was das Tier macht und wie es dies macht. Eine Verhaltensweise kann als kurzes Ereignis (z.B. Wackeln mit den Ohren) oder auch als länger andauernder Zustand (z.B. Schlaf) auftreten. Die Summe aller vorkommenden Ereignisse und Zustände bilden das sogenannte Ethogramm.
Ein Ethogramm entspricht dem arttypischen Verhaltensinventar und bildet damit eine unabdingbare Grundlage für die Erstellung eines Verhaltensprotokolls im Rahmen der ethologischen Forschung. Häufig sind Verhaltensweisen zentrale Mechanismen zur Anpassung eines Organismus an seinen Lebensraum. Die wichtigsten Anpassungen betreffen dabei die Nahrungssuche, das Vermeiden von Räubern sowie die Fortpflanzung. Das Verhalten kann sowohl von genetischen, als auch von Umwelt-Faktoren beeinflusst sein und kann angeboren oder erlernt auftreten. Das auftretende Verhalten ist dabei niemals monokausal erklärbar, sondern sollte stets multikausal betrachtet werden. Dabei geht es zum einen um die Mechanismen (proximat) und zum anderen um die Funktionen (ultimat), die einem Verhalten zugrunde liegen.
Die proximate Ebene betrachtet die Mechanismen (Wirkursache) der Verhaltensweise und klärt die biologischen Grundlagen. Dabei ist sie direkt und unmittelbar.
a) Mechanismen der Verhaltenssteuerung: Welche externen und internen Faktoren kontrollieren mit Hilfe welcher Mechanismen (chemische, physiologische) die Verhaltensweise?
b) Mechanismen der Verhaltensentwicklung: Welche entwicklungsbiologischen Ursachen des Individuums, wie Umwelteinflüsse und Lernprozesse, haben einen Einfluss auf das Verhalten?
Die ultimate Ebene betrachtet die Funktion (Zweckursache) der Verhaltensweise und klärt den biologischen Nutzen. Dabei ist sie indirekt und mittelbar.
c) Biologische Funktion: Welche Konsequenz hat eine Verhaltensweise für den Überlebens- oder Fortpflanzungserfolg?
d) Evolutionäre Funktion: Welche Funktion hat ein Verhalten in der stammesgeschichtlichen Entwicklung erfüllt und damit einen Selektionsvorteil erwirkt?
Eine Verhaltensweise hat grundsätzlich sowohl proximate als auch ultimate Ursachen.
a) Der Mechanismus hinter einem Löwengebrüll wird zum einen durch externe Faktoren wie beispielsweise die Dämmerung ausgelöst. Zum anderen wirken interne Mechanismen durch entsprechende Hormonausschüttung und neuronale Signale als Auslöser des Brüllens.
b) Die Grundfunktion und die Grundstruktur des Brüllens ist bereits angeboren. Darüber hinaus prägen Jungtiere ihr individuelles Brüllen durch Imitationen und Lernversuche aus.
c) Durch das Brüllen markieren männliche Löwen ihr Territorium und warnen Konkurrenten, wodurch sie ihr Gebiet verteidigen und ihren Fortpflanzungserfolg im eigenen Rudel sichern.
d) Entwicklungsbiologisch betrachtet gehört der Löwe zu den Großkatzen (Panthera), deren Vorfahren den Stimmapparat zum Brüllen ausgebildet und damit einen Selektionsvorteil erwirkt haben.